DIE WELT DES ORTHODOXEN MÖNCHTUMS



Das Mönchtum in der orthodoxen Kirche ist eine getreue Fortsetzung des ursprünglichen mönchischen Lebens .  Aber, man misst das orthodoxe Mönchtum immer wieder am abendländischen Mönchtum, an dessen großartigen Leistungen für Welt und Kirche. Vergessen wird jedoch, dass abendländisches, genauer, lateinisches Mönchtum seine Wurzeln im östlichen Mönchtum hat. Solche Grosstaten auf dem Gebiet der Kultur und der Kirchenpolitik hat das griechische Mönchtum nicht aufzuweisen, so sagt es der bedeutende Byzantinist Karl Holl. Hier sehen wir aber nur die Sicht eines "beschränkten" Lateiners. Die Sicht auch heutiger Menschen die Kirche und Kirchenleben auf Westeuropa bzw. Mitteleuropa konzentrieren. Die großen Kulturleistungen von Methodios und Kyrillos, für die slawischen Völker, eines Gorazd und Sava für den Balkan werden einfach nicht zur Kenntnis genommen. Die Schaffung eines Alphabets und der damit verbundener Literatur und Schriftsprache wird ignoriert. Auf die Tätigkeit eines hl. Seraphim von Radonesh, des hl. Seraphim von Sarow, des hl. Nil von Sorski, dem Vater des russischen Starzentums, wird nicht hingewiesen. Ja, die ganze Dichtkunst eines Gogol, Dostojevski und Tolstoj usw., die im Starzentum ihre geistigen und geistlichen Fundamente fanden, wird nicht als Kulturleistung gewürdigt.

(Archimandrit Theodor)

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                                                     I.

Nun, was ist aber Mönchtum, Mönch sein, orthodoxer Mönch sein? Was ist der Gedanke, den das Mönchtum verwirklichen will? In anschaulicher Weise schildert uns dieses die älteste Heiligenbiographie, nämlich "Das Leben hl. Antonios" vom hl. Athanasios, Bischof von Alexandrien, die um 365 geschrieben wurde. Antonios wurde im Jahre 251 in Ägypten als Sohn vermögender Eltern geboren. Hören wir also nun den Bericht wie es in der Lebensgeschichte aufgeschrieben wurde:

"Wieder besuchte er die Kirche und hörte im Evangelium den Herrn sprechen: "Sorget euch nicht um das Morgen“ (Math. 6, 34), da brachte er es nicht über sich, länger zu warten, sondern er ging hinaus und gab auch den Rest seines Besitzes den Bedürftigen. Die Schwester vertraute er bekannten zuverlässigen Jungfrauen an und brachte sie in einem Jungfrauenhaus zur Erziehung unter, er selbst widmete sich von nun an vor seinem Hause der Askese (ca. 271), hatte acht auf sich (l. Tim. 4, 13-16) und hielt sich strenge. Denn es gab damals noch nicht so zahlreiche Mönchsgemeinschaften, und von der großen Wüste wusste der Mönch überhaupt nichts. Jeder der an seiner Vervollkommnung arbeiten wollte, übte sich darin nicht weit von seinem Heimatorte, und zwar allein. Nun lebte damals in dem nahen Bezirk ein alter Mann, der von Jugend auf ein Einsiedlerleben führte. Diesen sah Antonios und eiferte ihm im Guten nach (Gal. 4,18), damals fing er auch zuerst an, sich in der Umgebung des Dorfes aufzuhalten. Von hier wanderte, wenn er von einem trefflichen Manne hörte, zu diesem, suchte ihn auf wie eine kluge Biene, kehrte nicht eher an seinen Wohnsitz zurück, bis er ihn gesehen hatte und ging erst heim, nach dem er von ihm gleichsam eine Wegzehrung erhalten für seinen eigenen Pfad zur Tugend. Die Anfänge verlebte er hier und festigte seine Gesinnung, um nicht zu seinem elterlichen Besitz zurückzukehren, noch sich seinen Verwandten zu erinnern. Seine ganze Sehnsucht aber und seinen ganzen Eifer richtete er auf die Anspannung in der Askese. Dabei beschäftigte er sich mit Handarbeit, da er gehört hatte: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen" (2.Thess. 3,10), einen Teil des Lohnes verbrauchte er für Brot, den anderen verwandte er für die Armen. Er betete beständig, da er gelernt hatte, dass man für sich allein unaufhörlich beten müsse (Math. 6,6 und 1), (Thess. 5,17)



Bei der Vorlesung der Schrift war er so aufmerksam, dass ihm kein Wort entfiel, vielmehr behielt er alles bei sich (Luk 8,15), und sein Gedächtnis ersetzte ihm so die Bücher" .


Dieses Tun hatte aber eine Vorgeschichte die wesentlich für den jungen Antonios war und auch für jeden Menschen heute ist, der ein monastisches Leben führen will. Es heißt dort in der Lebensgeschichte:


"In Gedanken betrat er das Gotteshaus, und es fügte sich, dass gerade das Evangelium vorgelesen wurde, und er hörte, wie der Herr zum Reichen sprach: "Wenn du vollkommen werden willst, wohlan, verkaufe all deine Habe, gib den Erlös den Armen, komm und folge mir nach, und du wirst einen Schatz im Himmel haben". (Math. 19,21)


Von Interesse ist vielleicht, dass schon zwanzig Jahre nach dem Tode des hl. Antonios (365) eine lateinische Übersetzung dieser Biographie, so um 376, in Trier bekannt war . Für Antonios ist die eigentliche und alleingültige Regel eben das Evangelium. Eine andere Regel für ein christliches Leben und damit auch für das asketisch mönchische Leben, kennt er nicht und will er nicht anerkennen. Der hl. Basilios der Grosse (geb. 330 in Caesarea-Kappadozien) ist ganz in der Denkweise des hl. Antonios, wenn er seine Lebensordnung und Lebensweise vorlegt. Sein ganzes Leben ist unter das Herrenwort gestellt; "Wer mir nachfolgen will, verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir" (Math. 16,24). Nur mit diesem Wort glaubt Basilios dem einsamen Leben seinen Sinn geben zu können. Denn wohl hat er die Welt verlassen, (wie Antonios) aber sich selbst mit seinen inneren Leidenschaften trägt er auch in der Einsamkeit mit sich herum. Das Herrenwort weist ihm den rechten Weg. Der Geist muss zur Ruhe kommen (Hysichia) und in der Ruhe bewahrt bleiben . Die äußere Hilfe ist die „geographische“ Einsamkeit die jeden Verkehr mit anderen Menschen ausschließt und die unerlässliche Ruhe garantiert:


"Diese aber ist für die Seele der Anfang der Reinigung. Was an diesem zurückgezogenen Leben getan werden muss, erkennt man aus der ständigen Erwägung der heiligen Schrift. An Josef lernt man die Keuschheit, an Hiob - Gleichmut und Starkmut, an David -Sanftmut und Versöhnungsbereitschaft, an Mose - Eifer und Gelassenheit".


Der hl. Johannes Kassian (um 330 geboren, im heutigen Rumänien) berichtet von einem Vater Moses, der immer wieder hervorhebt, dass die asketischen Übungen keinen Selbstzweck darstellen, sondern nur ein Instrumentarium des Mönchs sind, um sich in seinem Leben mehr und mehr für Gott zu öffnen. Sie sollen ihm helfen, das Herz vor Unruhe bzw. vor allen gefährlichen Leidenschaften unverletzt zu bewahren. Wenn der Mönch seine eigentliche Bestimmung im Blick behält, kann er in der Liebe vollkommen werden:


"Also stellen Fasten, Nachtwachen Schriftmeditationen, Blöße und Entbehrung allen Vermögens nicht die Vollkommenheit dar. Sie sind bloß Hilfsmittel, um die Vollkommenheit zu erlangen, weil in ihnen nicht der Endzweck jener mönchischen Kunst besteht, sondern sie helfen zum Endziel zu finden"


[...] "Das Endziel unserer Berufung [...] ist die Herrschaft Gottes oder das Himmelreich, doch unser Nahziel ist die Reinheit des Herzens, ohne die niemand an jenes Endziel gelangen kann. Das himmlische, künftige Ziel ist nicht unmittelbar erreichbar. Der Mensch kann es erst am Ende seines Lebens als Geschenk von Gott erlangen. Gegenwärtiges Nahziel kann es daher nur sein, sich in seinem Herzen schon ganz auf die endgültige Begegnung mit Gott vorzubereiten".


Das asketische Leben wird immer als Leben "nach der Schrift" verstanden. Die Heiligen des Alten Testamentes führen auf den rechten Weg: Ihre Nachahmung, genauer die den durch sie personifizierten Tugenden, ist unerlässlich. Wenn so sehr auf das vernachlässigte, schäbige Äußere des Asketen verwiesen wird, dann wird das nicht mit geistiger Freiheit begründet: es ist Ausweis der Demut, einer Tugend, die der nichtchristlichen Antike fremd war (und heute auch wieder ist), nun aber in der christlichen Vollkommenheitslehre zu einer Zentralforderung geworden ist . Symeon der Jüngere, der Theologe (949 bis 1022) wird nicht müde, von seinen Mönchen die Vorbereitung zur mystischen Aufnahme Gottes zu verlangen, in einer Reihe solcher Ermahnungen klingt unverkennbar, eine Wegweisung für a l l e Christen durch:


"Schaut, Freunde, wie schön der Herr ist [...] schließt eure Geistesaugen nicht, schaut zur Erde nicht, lasst nicht von Sorgen um die irdischen Geschäfte und um Reichtum, nicht von Ruhmgier euch beherrschen, damit ihr nicht dadurch des ewigen Lebens Licht verlasset. Wohlan, so kommt doch, Freunde, mit mir, zusammen wollen wir, nicht leiblich zwar, doch mit der Seele, mit dem Herzen, uns erheben. Anrufen wollen wir in Demut unseren Herrn, Gott, der voll Erbarmen, Gott, der gut allein. Und sicher wird er uns erhören, sicher sich erbarmen, sicher sich enthüllen, sich eröffnen und sein leuchtendes Licht uns zeigen".

                                              II.

Welches sind denn nun die "Vorbereitungen", die der Mönch an sich selbst leben soll? Er soll bekämpfen und überwinden:


- Die Fresssucht
- Die Unzucht
- Die Geldgier
- Den Zorn
- Den Kummer
- Den Überdruss
- Die eitle Ruhmsucht
- Den Hochmut

Merken wir uns die Reihenfolge.

Es war ein Schüler des hl. Basilios des Großen, Evagrios Pontikos, der diesen Lasterkatalog aufführte. Hören wir einige seiner Worte:


- Über die Fresslust:

Der Anfang des Fruchttragens ist die Blüte, und der Anfang der praktischen Stufe des geistlichen Lebens ist die Enthaltsamkeit.
Wer den Magen beherrscht, vermindert die Leidenschaften. Wer hingegen von Speisen besiegt wird, mehrt die Lüste.
Das Verlangen nach Speise erzeugte den Ungehorsam, und das liebliche Verkosten vertrieb aus dem Paradies.
Ein wohlgezügeltes Pferd ist ein darbender Leib, und niemals wird es je den Reiter abwerfen. Es gibt nämlich nach, vom Zügel gedrosselt und gehorcht der Hand des Lenkenden.
Der Leib aber wird durch Hunger und Nachwache gebändigt und wird dem ihn besteigenden Gedanken nicht wegspringen, noch wird er wiehern, von einer leidenschaftlichen Wallung erregt.


- Über die Unzucht:

Enthaltsamkeit erzeugt Besonnenheit, die Gefräßigkeit aber ist die Mutter der Ausschweifung.
Die Gewalt der Wogen bedrängt das unbelastete Schiff, und der Gedanke der Unzucht den enthaltsamen Intellekt.
Wenn die Leidenschaft bei Begegnungen mit Frauen ruhig bleibt, so traue ihr doch nicht, wenn sie dir die Leidenschaftslosigkeit verheißt. Denn auch der Hund wedelt mit dem Schwanz, hält man ihn fern der Menge, kommt er jedoch heraus so zeigt er die ihm eigene Bosheit.
Beschäftige dich nicht länger mit einem auftauchenden Antlitz, damit es in dir nicht die Flamme der Lust entzünde.


- Über die Geldgier:

Die Geldgier ist die Wurzel aller Übel (1 Tim 6,10) und nährt wie böse Zweige die übrigen Leidenschaften. Wenn du einen Zweig abhaust bringt sie sogleich einen anderen hervor, und lässt nicht vertrocknen, die ihr entsprossen.
Ein besitzloser Mönch ist ein wohlgerüsteter Wanderer, und an jedem Ort findet er ein Obdach.
Verflucht sei, wer ein Götzenbild macht und es im verborgenen aufstellt (Deut 27,15), ebenso auch wer die Leidenschaft der Geldgier hat. Denn der eine betet an ein nutzloses Trugbild, der andere hingegen trägt als Idol die Vorstellung des Reichtums im Herzen.


- Über den Zorn:

Die Wut ist eine wahnwitzige Leidenschaft und sie bringt die Erkenntnis Besitzenden leicht außer sich. Sie vertiert die Seele und lässt sich von jedem Umgang zurückziehen.
Die Sanftmut des Mannes wird bei Gott gedacht und eine zornlose Seele wird zum Tempel des Heiligen Geistes.


- Über den Kummer:

Der Kummer ist eine Niedergeschlagenheit der Seele, und diese selbst entsteht aus Gedanken der Wut. Denn ein Verlangen nach Rache ist der Zorn, ein Misslingen der Rache aber erzeugt Kummer.


- Über der Überdruss:

Der Überdruss ist eine Erschlaffung der Seele, eine Erschlaffung nämlich der Seele die nicht besitzt, das ihrer Natur gemäss ist, noch der Versuchungen edel widersteht. Denn was die Nahrung für den gesunden Leib, ist die Versuchung für eine edle Seele.
Ein überdrüssiger Mönch ist saumselig im Gebet, und bisweilen spricht er die Worte des Gebetes überhaupt nicht. Denn wie ein Kranker keine schwere Last trägt, so tut auch der überdrüssige nie je das Werk Gottes mit Sorgfalt. Der eine nämlich hat die Kraft des Leibes eingebüsst, bei dem anderen sind die Spannkräfte der Seele erschlafft.


- Über die Ruhmsucht:

Die eitle Ruhmsucht ist eine irrationale Leidenschaft, und leicht verbindet sie sich mit jedem Werk der Tugend.


- Über den Hochmut:

Der Hochmut ist eine Geschwulst der Seele, voll von Eiter. Wenn sie reif ist, platzt sie und verursacht starken Ekel.
Die Seele des Hochmütigen nämlich wird von Gott verlassen und wird zu einem Gegenstand der Schadenfreude für die Dämonen.
Was schwingst du dich in die Höhe, Mensch, der du doch aus Lehm und Fäulnis bist"


Die frühen Märtyrer sahen ihren Kampf bis zum Tode als ein Ringen mit den Dämonen, deren Macht so groß war, dass nur Christi Gegenwart in seinen treuen zeugen sie besiegen konnte. Die Mönche sehen ihr eigenes Mühen um ein Leben des Gebetes als Kampf. Sie wissen, dass der Versuch, sich selbst zu beherrschen und in der Vollkommenheit zu wachsen, Kampf mit den Dämonen, den Mächten dieser Welt bedeutet . Diesen Kampf kann nur gewinnen, der auf die stete und ununterbrochene Ausdauer im Gebet strebt, soweit es der menschlichen Gebrechlichkeit möglich ist. Bevor wir also die Vollkommenheit des Gebetes erlangt haben, muss vorher die Reinigung von Lastern und Leidenschaften geschehen. Nur auf die Grundstufe der Einfalt und Demut ist der Aufbau in Himmelshöhe möglich. Darum müssen wir erstens den unerschütterlichen Grundstein tiefer Demut legen, der fähig ist, den bis zum Himmel strebenden Turm zu tragen. Darauf schichten wir das geistliche Gebäude der Tugenden und bewahren die Geisteskraft vor allem Umtrieb und Ausschweifen auf schlüpfrigem Pfade, damit sie allmählich beginne, sich zur heiligen Schau Gottes und zur geistlichen Sicht emporzuheben. Die Verfassung, in der wir uns beim Beten befinden wollen, müssen wir schon vor der Zeit des Gebetes bereiten. Wir müssen uns öffnen für das Pneuma: "Pneuma ist ja mehr als "Geist" des modernen Sprachgebrauchs. Es ist der lebendige und belebende Odem Gottes, durch den Gott nicht nur der Schöpfung Leben einhauchte, sondern durch den er als Gabe seines, des göttlichen, Lebens der Menschheit nach der Himmelfahrt Christi sein Heil vermittelt. Öffnen wir uns also für das göttliche Pneuma, so sprechen wir vom engelgleichen und engelhaften Leben. Weil die Gabe des Gottesgeistes den Christen erfüllt, wird er engelgleich, mit den Engeln zur Bürgerschaft des himmlischen Jerusalem berufen, an deren Liturgie er mit den Engeln teilnehmen darf. Die Berufung zur Gottesschau, zum Gotteslob, die gottgeweihte Jungfräulichkeit, das öffentliche wie das private Gebet, die Berufungen und Ordnungen des Christenlebens bringen dies zum Ausdruck.

Nikolaos Kabasilas (geboren ca. 1320 in Thessaloniki) schreibt in seinem Buch "Vom Leben in Christo" :

"Das Leben in Christo erwächst im gegenwärtigen Leben und nimmt von daher seine Anfänge. Die heilige Taufe spendet das Christus gemäße Sein und eigentliche Existieren. Sie nimmt nämlich Tote und Vernichtete auf und führt diese überhaupt erst ins Leben. Die Salbung mit Myron macht den so Geborenen vollkommen, indem sie ihm eine Wirkkraft eingibt, wie sie in diesem Leben entspricht. Die heilige Eucharistie (d. h das Geschehen in der Göttlichen Liturgie) schließlich bewahrt und erhält dieses Leben und seine Gesundheit. Denn Bewahrung des Empfangenen und Vollendung des Lebenden: - das bewirkt das Brot des Lebens. So leben wir also durch dieses Brot und bewegen, und Kraft des Myron, nach dem wir aus dem Taufbade das Sein empfangen haben

" Welch größeres Zeichen von Güte und Menschenliebe könnte es wohl geben, als dies: Dass er mit Wasser wäscht und dadurch die Seele vom Schmutz befreit, dass er mit Myron salbt und so das Himmelreich aufrichtet, dass er ein Gastmahl gibt, wobei er sein eigen Fleisch und Blut darreicht?".
Das also ist das Leben in Christo wie die Mysterien es begründen. Es zeigt aber, dass dabei auch menschliche Anstrengung ihre Aufgabe und Bedeutung hat. Viele wissen nicht, worin die inneren Verrichtungen des Betenden bestehen und verstehen auch nicht, was die Gottbeschaulichkeit ist. Sie haben nie etwas von dem inneren, mit dem Verstand verrichteten Gebet gehört und meinen, Beten erschöpfe sich in den geschriebenen Texten kirchlicher Gebetbücher, auch wissen sie nichts von der inneren Zwiesprache mit Gott im Herzen und haben nie ihre Fruchtbarkeit erfahren [...] Zweifach ist das Gebet: es gibt das äußerlich gesprochene Gebet und das innerlich verrichtete Gebet. Das äußere Gebet hat seine bestimmte Form, Anzahl und Ordnung nach dem Kirchenbrauch [...] das innere Gebet wird jederzeit, an jedem Ort im Inneren verrichtet. In diesem Herzenskämmerlein sollte sich der Mensch häufig sammeln und in aller Wärme lebendigen Glaubens zu Gott im Verborgenen beten.

Immer sind die Gottinnigkeit des Gefühls, die Aufopferung für andere und der sittliche Ernst einer Berufung die entscheidenden Merkmale, welche die Heiligkeit der Mönche bedingen. Sie alle fassen das Leben als Kampf mit den niedrigen Trieben auf, in der Sprache der Mönche, als einen Kampf mit dem Teufel [...] und alle erstreben nicht den Ruf von Heiligen, sondern wollen nur als Athleten der Frömmigkeit gelten. Das beschauliche Leben ist das Ziel aller, die Ruhe des Herzens der Endpunkt aller Bestrebungen. Deshalb werden auch die Klöster "Stätten der Ruhe" (Hesychasteria) genannt.

Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Orden kennt der orthodoxe Mönch nicht, da für alle Mönche die Regel des hl. Basilios d. Gr. gilt.


                                                        III.

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich drei Stufen im orthodoxen Mönchtum herausgebildet. Es sind die Rassophoren, Mönche ohne Mönchsweihe. Sie haben aber die Pflicht genau wie alle anderen Mönche zu leben. Wer den zweiten Grad erhält, das kleine Schima, wird einem erfahrenen Altvater zugewiesen, und muss sich dessen Anordnungen fügen um sich in Demut zu üben. Als unterscheidende Bekleidung erhält er eine schwarze Kapuze, die über den gelegt wird und eine ärmellose Mantia. Das, Zeichen des höchsten Mönchsgrades ist das "große Schima'', auch Engelkleid (Schima angelikon) genannt, weil ein Engel sein Aussehen dem hl. Antonios genau angegeben hat. Ein Mönch, der zum Diakon geweiht ist, nennt man Ierodiakon, ein Mönch mit Priesterweihe ist der Ieromonach. Die Aufnahme in den Stand der Mönche ist für das ganze Leben verpflichtend. Die Erteilung des Engelkleides ist ein besonderer Akt, der mit Hilfe des ganzen Klosters erfolgt, eine heilige Handlung von großer poetischer Schönheit. Hören wir was geschieht:



Der Einzukleidende wirft sich dem Kathegumenos d.i. der Abt, zu Füssen, und dieser fragt ihn nun:

- Weshalb bist du, Bruder, gekommen und niedergefallen vor dem heiligen Opfertisch und vor den versammelten Ehrwürdigen.

Antwort: - Ich verlange das Leben in der Entsagung, ehrwürdiger Vater.

Frage: Verlangst du, des Engelkleides gewürdigt zu werden und eingereiht zu werden in die Versammlung der Mönche?

Antwort: - Ja, ehrwürdiger Vater.

Frage: Fürwahr, du hast ein gutes und seliges Werk erwählt, wenn du es zu Ende führst. Denn die guten Werke werden nur mit Mühe erworben und mit Anstrengungen ausgeführt. Bist du auch aus freien Stücken gekommen?

Antwort: - Ja, ehrwürdiger Vater.

Frage: Nicht aus Not oder Zwang?

Antwort: - Nein ehrwürdiger Vater.

Frage: Entsagst du der Welt und dem, was in der Welt ist, nach dem Gebote des Herrn?

Antwort: - Ja, mit Gottes Hilfe, ehrwürdiger Vater.

Frage: Wirst du im Kloster bleiben und in der Entsagung bis zu deinem letzten Atemzug?

Antwort: - Ja, mit Gottes Hilfe, ehrwürdiger Vater.

Frage: Wirst du bis zum Tode bewahren den Gehorsam gegen den Abt und die ganze Bruderschaft in Christo?

Antwort: - Ja, mit Gottes Hilfe, ehrwürdiger Vater.

Frage: Wirst du ertragen alle Not und Strenge des Klosterlebens um des Himmelreiches willen?

Antwort: - Ja, mit Gottes Hilfe, ehrwürdiger Vater.

Frage: Wirst du dich bewahren in Ehelosigkeit, Keuschheit und Andacht?

Antwort: - Ja, mit Gottes Hilfe, ehrwürdiger Vater.

Dann tritt der Abt auf ihn zu und hält ihm folgende Ansprache: „Siehe nun zu, mein Kind, was für ein Gelübde du Christo ablegst. Denn es sind unsichtbar zugegen die Engel, welche dies dein Bekenntnis niederschreiben, nach welchem du befragt wirst bei der zweiten Ankunft unseres Herrn Jesu Christ. Ich lege dir daher auseinander, das vollkommene Leben, in welchem die Lebensführung des Herrn zur Nachahmung offenbar wird, indem ich dir bezeuge, wonach du streben, und was du fliehen sollst. Denn die Entsagung ist nichts anderes als das Gelübde des Kreuzes und des Todes. So wisse denn, dass du vom heutigen Tage an gekreuzigt wirst und abstirbst der Welt durch die vollkommene Entsagung. Denn du entsagst den Eltern, den Brüdern, dem Weibe, den Kindern, der Vatersverwandtschaft, den Verbindungen, den Freunden, den Gewohnheiten, den Weltwirren, den Sorgen, dem Erwerb, dem Besitz eitler Lust und Ehre und folgst dem Herrn, der da spricht: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und komme mir nach.“

Im weiteren an einer anderen Stelle sagt dann der Abt:

“Aber freue dich, so du alles dies gerne leiden willst, denn groß ist dein Lohn im Himmel, sagt der Herr. Freue dich also in der Freude und sei froh in der Fröhlichkeit, dass dich heute Gott, der Herr, auserwählt und abgeschieden hat von der weltlichen Lebensweise und dich hingestellt vor sein Angesicht in die Ordnung der Mönche“.

Im weiteren werden dem Mönch Hinweise und Erklärungen gegeben. Dann aber legt der Abt die Hände auf das heilige Evangelium und spricht:

“Siehe, Christos ist hier unsichtbar zugegen, überlege ob du nicht gezwungen zu uns kommst. Sieh zu, dass du mit Absicht begehrst die Lebensweise der Engel“.

Antwort: - Ja, ehrwürdiger Vater, mit Absicht.

Nach diesem Gelöbnis spricht der Abt weiter:

“Nimm die Schere und bring sie mir“.

Der Einzukleidende nimmt die Schere, küsst dem Abt die Hände und übergibt sie.

Der Abt legt sie auf das Evangelienbuch und sagt abermals:

“Nimm die Schere und bringe sie mir“.

Der Einzukleidende übergibt sie händeküssend dem Abt. Dieser legt sie abermals auf das heilige Buch und spricht zum drittenmal:

“Nimm die Schere und bring sie mir“.

Und zum dritten male wird sie ihm mit dem Handkuss gereicht.
Der mit der Zeremonie beauftragte Priester nimmt dann die Schere aus der Hand des Abtes und spricht:

“Gelobt sei Gott, der will, dass alle Menschen zum Heil gelangen und zur Erkenntnis der Wahrheit, der gelobt sei in die Ewigkeiten der Ewigkeiten“.

Er schneidet dann die Haare des Einzukleidenden in Form eines Kreuzes und dazu spricht der Diakon: „Unser Bruder N. schert das Haar seines Hauptes. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“.

Und die Brüder singen leise dreimal Kyrie eleison. Dann wird jener unter verschiedenen Gebeten eingekleidet. Das große Schima, welches dem Mönch angelegt wir, ist mit folgendem Text beschrieben:

"Jesus Christos ist Sieger. Ein hochgeschätztes Siegeszeichen - der Dämonen Schreck, der Tränen über alle Worte beredtere Quelle - schenkt Christos den Christen als Gnadenerweis! Gott heiligte das Kreuzesholz, Luzifer stürzte hinab, wir fanden den Garten Eden wieder. Das Licht Christi leuchtet allen. Die Kraft des Mönches. Die Schädelstätte wurde zum Paradies. Jesus Christos ist Sieger."


                                                    IV.



Der heilige Vater Theodor von Studion sagt zu seinem Kellion (Mönchszimmer) folgendes:

"Beweine, Kellion, mich den trägen Mönch, den weitaus schlechtesten, den du besaßest. Nicht zier ich dich mit der Gebete Licht, nicht netz ich dich mit meiner Tränen Flut, nicht Reinheit ist's, die dich durch mich erfüllt. Doch nun, Du Heiland, Schöpfer, Licht der Welt, erweck mich, wach sei ich in Furcht vor Dir! Ermuntere mich zu Deiner Liebesglut, heb mich hinweg von aller Leidenschaft, bis dass die Stunde kommt zur rechten Tat. Dass ich Dir darbringe Ruhm und Lobgesang, der Heil und Rettung aller Menschen will&quot.